Die lebende Bombe
Immer mal wieder habe ich das Gefühl, mein Kopf, mein Hirn könnte explodieren.
Es passiert meist nach schier endlosen Gesprächen. Ihr kennt sie, diese Dialoge, die sich wie ein Kaugummi ziehen, der längst seinen Geschmack verloren hat. Hin und her, Satz um Satz, wie ein Pingpong-Spiel, bei dem keiner wirklich was zu gewinnen hat und sich trotzdem ewig abstrampelt. Und während ich rede, spüre ich, wie etwas aus mir herausströmt. Nicht Blut, nicht Schweiß, sondern etwas Unsichtbares, etwas Essentielles. Es ist, als würde ich mich selbst in kleinen Dosen verlieren, mit jedem Wort, das ich ausspreche. Und dann, irgendwann, ist nichts mehr übrig. Nur dieses Vibrieren, wie bei einer Kreislaufschwäche - oder als hätte jemand eine tickende Bombe in meinen Kopf gepflanzt.
Wenn ich dann ins Bett gehe, träume ich wirr und heiß, wie in einem Fieber. Und am nächsten Morgen bin ich nicht erholt, sondern zerschlagen, als hätte ich die ganze Nacht gegen unsichtbare Dämonen gekämpft. Da kann man schon mal ein bißchen Angst kriegen, daß eines Tages die Temperatur auf ein Level steigt, bei dem die Bombe hochgeht. Das Hirn explodiert.
Manchmal frage ich mich, ob das normal ist. Ob andere Menschen auch das Gefühl haben, eine lebende Bombe zu sein. Oder ob das nur ich bin. Ein Defekt in meinem System, ein Fehler in der Programmierung. Es ist eine beängstigende Vorstellung, nicht wahr? Zu wissen, daß man jederzeit explodieren könnte, ohne Vorwarnung, ohne Grund. Einfach so, weil der Druck zu groß wird.
Ich habe angefangen, darüber zu schreiben. Drei Geschichten sind es bisher, jede ein Versuch, dieses Gefühl in Worte zu fassen, es greifbar zu machen. Es ist, als würde ich versuchen, die Bombe zu entschärfen, indem ich sie auf Papier bringe. Vielleicht hilft es, vielleicht auch nicht. Aber was bleibt mir anderes übrig?
Ich werde diese Geschichten hier veröffentlichen, eine nach der anderen. Sie werden für eine Woche online sein, frei zugänglich für jeden. Danach verschwinden sie im Archiv. Nur Unterstützer werden noch Zugriff darauf haben, ein Privileg, das sie sich erkauft haben.
1. Story: Der Druck steigt
2. Story: FEIND
3. Story: Juhnke Is Watching me - und ich beobachte zurück (erscheint hier in den nächsten Tagen)